Für Piurra aus Porto ist das Holzhandwerk eine generationsübergreifende Tradition


Holz und Wurzeln

Der Designer Rui Viana, Sohn eines Tischlers und Enkel eines Meister Holzschnitzers, überzeugte im Jahr 2007 Investoren mit einer Reihe wunderbarer und großer Ziele, Piurra auf den Markt zu bringen. Zu diesen Zielen gehörte es, kunstfertige, aus der portugiesischen Holzhandwerkstradition stammende Kleinserien-Produktionstechniken anzuwenden; ausschließlich mit Handwerkern und Lieferanten aus einem Umkreis von ungefähr 20 Kilometern von Porto zusammenzuarbeiten und Produkte zu kreieren, die an die nächste Generation weitergereicht werden. Heute ist Piurra auf Holzmöbel spezialisiert, die auf Bestellung in Handarbeit gefertigt werden—darunter Sideboards, Konsolen, Schreibtische und mehr— und zählt zu der wachsenden Zahl an verantwortungsbewussten Studio-Herstellern, welche die momentane Begeisterung für zeitgenössisches portugiesisches Design auslösen.

Als begeisterte Unterstützer von Designunternehmen, die Gutes tun wollen, haben wir Kontakt zu Viana aufgenommen, um mehr darüber zu erfahren, wie Piurra es schafft lokal zu bleiben und gleichzeitig an Kunden auf der ganzen Welt zu verkaufen. Er hat uns Folgendes erzählt:

P: Worum geht es bei Piurra?

RV: Piurra gründet auf Werten, die über die formalen Aspekte von Design hinausgehen. Wir produzieren in unserer kleinen Stadt und unterstützen kleine Unternehmen, die sonst verschwinden würden­—von lokal zu global. Unsere Designs haben eine gewisse „Vintage“ Beschaffenheit, weil wir möchten, das etwas von den Bildern, Formen und Strukturen mitschwingt, die die Leute aus ihrem Leben und von ihren Familien kennen. Vielleicht können wir so verborgene aber angenehme Erinnerungen wecken. Ein Beispiel hierfür ist unsere Carpet Collection V1.0, in der wir klassische handgefertigte portugiesische Teppiche auf der Holzoberfläche verwenden oder die Pinhole Collection, in der wir ein perforiertes Material benutzen, das sehr häufig in Einrichtungen der 1970er Jahre verwendet wurde.

P: Was ist wichtiger für Sie: Tradition oder Trends?

RV: Wir versuchen natürlich immer eine Balance zwischen beiden zu finden. Wenn wir von Tradition sprechen, dann sprechen wir von den daran beteiligten Menschen und dem Fachwissen, welches sie in die Produktion einbringen. Dieses Wissen manifestiert sich in den Details. Und es sind diese Details, die den Unterschied machen.

P: An welche Art von Kunde denken Sie, wenn sie entwerfen und herstellen?

RV: Unsere Kundschaft ist anspruchsvoll und neugierig. Wir versuchen, die Leute durch Schlichtheit auf uns aufmerksam zu machen und wollen diejenigen erreichen, die sich für Dinge interessieren, die sowohl gut designt als auch kunstfertig hergestellt sind.

P: Was lieben Sie an Ihrer Arbeit am meisten?

RV: Ich liebe es, dass es im Designprozess zwei Phasen gibt: Zunächst die kreative Phase oder die Phase der Reflexion, bei der ich alleine in meinem Studio bin und anschließend die Phase, in der der Prototyp entsteht und die Produktion stattfindet—hier kommt das Team zusammen, um objektiv und technisch zu sein und gemeinsam zu arbeiten. Obwohl sich diese beiden Arten der Arbeit häufig überschneiden und vermischen sind beide notwendig, um das richtige Ergebnis zu erreichen.

Carpet Collection V1.0 Little Antoinette Sideboard von Piurra Foto © Piurra
P:
Wo finden Sie Ihre Inspiration?

RV: Die Tatsache, dass meine Vorfahren eine Verbindung zu Holz hatten, inspiriert mich sehr stark—besonders die Geschichten, die ich über meinen Großvater höre. Ich bemühe mich, seinen Sinn für Schlichtheit und Ehrlichkeit in meine Zeichnungen einfließen zu lassen. Vieles kommt außerdem von meiner Lieblingsmusik und meinen Lieblingsfilmen; bestimmte Bilder und Klänge beeinflussen mich unterbewusst im Zeichenprozess. Dies kann zum Beispiel durch den Minimalismus eines Kraftwerk-Songs oder die Rätselhaftigkeit einer Szene in einem David Lynch Film erfolgen, Dinge bei denen es um subtile Details geht und darum, dem Offensichtlichen auszuweichen. Weltmusik bedeutet ebenfalls sehr viel für mich, sie inspiriert mich, die Traditionen und Wurzeln, auf denen meine eigenen Arbeiten beruhen, zu verstehen und zu erhalten.

P: Was wäre für Sie das ideale Projekt?

RV: Mein Ideal, auf das ich jeden Tag hinarbeite, ist es, zeitlose, emotional wertvolle Objekte zu kreieren, die mehr als eine Generation lang verwendet werden können.

P: Wo sehen Sie sich in fünf, zehn, zwanzig Jahren?

RV: Piurra ist ein portugiesisches Wort für eine Art Kreisel. Ein Piurra dreht sich in unterschiedliche Richtungen und muss von Zeit zu Zeit neu geworfen werden. Mit jedem Wurf verändern wir etwas, um es besser zu machen, um zu erreichen, dass es länger hält. In den nächsten Jahren wollen wir stark genug wachsen, um unsere Designs, unsere Produktionspraktiken und unsere Umweltverträglichkeit verbessern zu können. Das Ziel dabei ist immer, die Lebensdauer unserer Produkte zu verlängern.

  • Übersetzung von

    • Annika Hüttmann

      Annika Hüttmann

      Annika ist umgeben von skandinavischem Design zwischen Norddeutschland und Südschweden aufgewachsen. Für ihr Literaturstudium zog sie nach Berlin und entdeckte dort ihre Leidenschaft für deutsche Vasen aus den 1950ern-70ern, von denen sie inzwischen mehr als 70 Stück besitzt.

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