Neues vom Designer Robert Stadler aus Paris


Der nächste Schritt

Von Wava Carpenter

Seit beinahe 25 Jahren arbeitet Robert Stadler nun in seinem Beruf und hat sich unter Designern und Sammlern zugleich zu einem Liebling etabliert. Grund dafür ist sein provokantes Werk, das vor allem bei denjenigen beliebt ist, die aktuelle Entwicklungen im Bereich Design verfolgen. Für Stadler ist der Begriff „Funktion“ sehr weitreichend. Auch ist der Designer der Meinung, dass künstlerischer Ausdruck eine wesentliche Rolle beim Entwurfsprozess spielt. Nichtsdestotrotz zählt Stadler hyper-Realisten wie Konstantin Grcic und das Duo hinter Barber Osgerby zu seinen engsten professionellen Freunden.

Das heißt aber noch lange nicht, dass der in Wien geborene und in Paris lebende Designer nur luxuriöse, extravagante Kunstobjekte herstellt. Ganz und gar nicht. Nachdem er an dem Mailänder Istituto Europeo di Design und der Pariser École Nationale Supérieure de Creation Industrielle studierte, war er 1992 Mitbegründer des Designkollektivs RADI, das als Teil der vorherrschenden Gegenkulturbewegung viel Einfluss ausübte. Durch experimentelle Installationen und Prototypen trieb die Gruppe den Diskurs voran und zog dabei große Kunden wie Air France, Marlboro, Moulinex und Schweppes an. Seit ungefähr 2008 arbeitet Stadler alleine und liefert grenzüberschreitende Designs mit einzigartigen, auffallenden Formen, die bestehende Vorstellungen von hoch und tief, ernst und absurd, überschreiten.

Seine Designs werden regelmäßig weltweit in Institutionen und Galerien zur Schau gestellt. Ab heute ist eine kleine Auflage von super schönen Stücken auf Pamono und seiner neuen Webseite The Whatness zu sehen. Aus diesem Anlass haben wir uns mit ein paar Fragen an Stadler gewendet. Im Folgenden berichten wir über eine der angenehm aufrichtigsten (und aufrichtig angenehmsten) Personen des heutigen Designs.

 

WC: Warum wolltest Du ursprünglich Design studieren?

RS: Mich interessierte Anfangs vor allem der Wohnraum, also die Innenarchitektur. Dann stellte ich jedoch fest, dass mich Design reizte, da ich es als klarer empfand. Es musste also Architektur oder Design sein, nichts dazwischen.

WC: Wie entstand RADI DESIGNERS? Was war ihr Leitmotiv?

RS: RADI begann während der Studienzeit, als Antwort auf minimalistisches Design, das damals so beliebt war. Die Idee war, eine neue Ästhetik zu unterbreiten, bestehend aus surrealen aber seriösen Objekten, die das Aussehen unserer Wohnräume infrage stellt und gleichzeitig auf die typischen Industriedesign-Aufträge eingeht.

WC: Über die Jahre hast Du eigenständiger gearbeitet. Kannst du uns verraten, wieso?

RS: Ich wollte einfach eine Änderung. RADI bestand 16 Jahre lang, das nenne ich Erfolg. Mit der Zeit fragte ich mich, was ich alleine entwerfen würde, wie meine Arbeiten aussehen würden, wenn sie nicht dem RADI Filter unterlägen.

WC: Und was hast Du feststellen können? Was hat sich verändert, nachdem Du Dich alleine durchschlugst?

RS: Mit Abstand betrachtet kann ich heute sagen, dass ich wohl meine österreichischen Wurzeln entdeckt habe. Der Ansatz von RADI war definitiv ein kritischer, aber das Ergebnis, unsere Sprache, war immer charmant surreal und subtil humoristisch. Ich meine damit aber nicht, dass meine Entwürfe brutal sind, aber vielleicht fordern sie den Nutzer öfter mal heraus. Ich mag es, wenn Objekte widersprechen, wenn sie den Nutzer zur Aktion auffordern, entweder über ihre Ästhetik, die ihn mit einer schwierigen Form konfrontieren, oder indem sie ihn auffordern, bestimmte Verhaltensweisen innerhalb des Wohnraums zu hinterfragen. Für mich existiert Schönheit ohne Paradox nicht.

WC: Was macht die Situation, als österreichischer Designer in Paris zu arbeiten, so einzigartig?

RS: Dass ich ständig auf Französisch sprechen muss!

WC: Wie geht es Dir in der Arbeit mit Firmenkunden statt mit Galerien, wie Carpenters Workshop? Welche Art zu arbeiten ist Dir lieber?

RS: Carpenters IST ein Firmenkunde! Ich habe aber diesbezüglich keine Präferenz. Es würde Dich überraschen, wie viel mutiger ein Firmenkunde im Gegensatz zu einer beliebten Kunstgalerie sein kann. Und manchmal ist es genau umgekehrt. Es sind die Menschen hinter der Institution, die den Unterschied machen.

WC: Kannst Du uns etwas über Dein Projekt verraten, mit dem Du den „Prix Liliane Bettencourt pour l’Intelligence de la main“ in 2012 gewonnen hast?

RS: Das Stück nennt sich Irregular Bomb und ist Teil der Tephra Formations Serie. Hier werden verschiedene Sitzgelegenheiten kombiniert, die scheinbar miteinander verschmelzen und von dem inspiriert sind, was Vulkanologen als tephra („Asche“ auf Griechisch) bezeichnen. Tephra, das sind Fragmente von Festgestein, die beim Vulkanausbruch durch die Luft geschleudert werden. Ein Vulkan spuckt verschiedenes Material aus, das als Lava verhärtet. Man bezeichnet diese Fragmente als „Bomben“, die bei ihrer Landung noch flüssig sind und beim Aufprall ihre charakteristische Form erhalten. Ausgangspunkt für dieses Projekt, neben zahlreichen Herausforderung an den Hersteller, war ein fiktives Szenario, in dem ein Vulkan diese Möbelstücke hervorgebracht haben soll.

WC: Warum hast Du die Webseite TheWhatness konzipiert?

RS: Mein Hauptanliegen war es durch meinen Online Shop die Wahrnehmung meiner Arbeit zu verändern. Ich werde oft mit Galeriestücken in Verbindung gebracht, die zwar beliebt aber nicht unbedingt erschwinglich sind. Tatsächlich produziere ich zahlreiche Arbeiten, die außerhalb des Galeriekontextes stehen. Der Online Shop macht also vor allem deshalb Sinn, weil nicht alle meine Stühle und Lampen durch verschiedene Hersteller verkauft werden. Und ich muss sagen, nachdem ich so lange mit Galerien, Marken und der Industrie zusammengearbeitet habe, ist es ein großartiges Gefühl, endlich komplett autonom zu arbeiten!

WC: Für 2017 sind bereits drei große Ausstellungen geplant. Kannst Du uns ein paar Highlights nennen und auch worauf Du Dich freust?

RS: Dies sind in der Tat sehr wichtige Ausstellungen für mich. Es wird schwierig sein, sich bei der Antwort kurz zu fassen. Zuerst gibt es da die Ausstellung You May Also Like—Robert Stadler im Kunstgewerbemuseum Dresden. Das ist meine erste institutionelle Erhebung, eingeleitet durch Tulga Beyerle und kuratiert von Alexis Vaillant. Ein großer zweisprachiger Katalog, der von Wather König herausgegeben wird, begleitet die Ausstellung. Die Ausstellung ist sehr besonders, denn ich wurde dazu eingeladen, eine Auswahl an Objekten und Kunstwerken aus der SKD zu treffen, die wahnsinnig toll sind, und sie gemeinsam mit meinen Arbeiten zu präsentieren.

Im April gibt es dann die Ausstellung Solid Doubts–Robert Stadler im The Noguchi Museum in New York zu sehen, kuratiert von Dakin Hart, inklusive Begleitkatalog. Diese Museum liebe und besuche ich schon seit Jahren. Es ist mir eine besondere Ehre hier auszustellen, denn die Institution lud mich dazu ein, einen Dialog zwischen meinen Arbeiten und dem Werk von Isamu Noguchi zu schaffen. Es wird die erste Ausstellung des Museums sein, die Arbeiten eines zeitgenössischen Designers gemeinsam mit Noguchis Skulpturen und Entwürfen zeigt.

Designer Robert Stadler Photo © Jacques Gavard
Und letztlich werde ich ebenfalls im April meine erste Einzelausstellung im Carpenters Workshop in New York haben.

WC: Wir blicken dem Jahresende entgegen. Kannst Du uns verraten, wo die Designwelt Deiner Meinung nach steht und wo sie hingehen wird? Wovon würdest Du gerne mehr sehen und was hoffst Du, wird sich verändern?

RS: Die Designwelt ist sehr vielseitig. Das macht sie auch so faszinierend. Deshalb ist es aber auch beinahe unmöglich, Deine Frage zu beantworten. Design wird zunehmend grenzenlos und entropisch, was an sich eine gute Sache ist. Ich fände es allerdings schön, wenn es mehr Kultur, Schärfe und Selbstbewusstsein beinhalten würde.

  

Sie können sich auf folgende Ausstellungen Stadlers in 2017 freuen:

You May Also Like—Robert Stadler im SKD Dresden in der Kunsthalle im Lipsiusbau, Dresden von 18 März bis 25 Juni, 2017

Solid Doubts–Robert Stadler im The Noguchi Museum in New York von 25 April bis 3 September, 2017 

Robert Stadler Einzelausstellung imCarpenters Workshop Gallery in New York von April bis Mai, 2017 

 

  • Text by

    • Wava Carpenter

      Wava Carpenter

      Seit ihrem Studium in Designgeschichte an der Parsons School of Design hatte Wava schon in vielen Bereichen der Designkultur den Hut auf: sie lehrte Designwissenschaft, kuratierte Ausstellungen, überwachte Auftragsarbeiten, organisierte Vorträge, schrieb Artikel und erledigte alle möglichen Aufgaben bei Design Miami. Wava lässt den Hut aber im Büro – auf der Straße bevorzugt sie ihre Sonnenbrille.