Pamono und die KPM präsentieren gemeinsam ihre exklusive Archiv Collection


Keramik unter königsblauem Zepter

Von Emma Lucek

Wir steigen die mit Linoleum verkleidete Treppe empor, die stark an das Gelände eines Schulgebäudes erinnert. Die Stimmung ändert sich schlagartig, als wir den leisen Flur der Künstlerateliers der Königlichen Porzellan-Manufaktur betreten. Besucher*innen erfahren hier einen starken Kontrast zur strengen Linie und Eleganz der historischen Ofenhalle im Erdgeschoss der Berliner Porzellanmanufaktur, die heute als Museum und Besucherbereich fungiert. In einem lichtdurchfluteten, mit zahlreichen Zimmerpflanzen geschmückten Arbeitszimmer begrüßt uns Künstlerin Astrid Schulz.

Auf den hohen Regalen, die acht Werktische an den Fenstern in Arbeitsplätze unterteilen, stehen Keramiken jeder Art, die darauf warten, bemalt zu werden. Am Boden wirft die Morgensonne Schatten von Gefäßen und Figürchen. Schulz ist die hauseigene Künstlerin der KPM, und sie ist es, die die Vasenkollektion, die aus der kreativen Zusammenarbeit zwischen der KPM und Pamono geboren wurde, per Hand bemalt.

Die Pamono x KPM Archiv Collection umfasst vier Entwürfe, die exklusiv bei Pamono als Sammlerobjekte in einer Auflage von jeweils 5 Stück angeboten werden. Unsere Chefredakteurin Wava Carpenter wählte unter zahlreichen zauberhaften Optionen diese vier Modelle aus dem umfangreichen Archiv der KPM. Die Entscheidung für speziell diese Designs, die zuletzt zwischen 1908 und 1951 produziert wurden, begründet sie damit, dass diese eine untypische Phase in der langen Tradition der KPM verkörpern, welche „die Entwicklung hin zu moderner aber glamouröser, farbenprächtiger grafischer Abstraktion begrüßt.” Zudem sind „die Farbpaletten zwar beinahe einhundert Jahre alt, wirken aber sehr zeitgenössisch.”

Der Arbeitsplatz der Künstlerin ist ein Eckschreibtisch, auf dem sich Stücke aus der Archiv Collection in verschiedenen Stadien der Fertigstellung reihen. Außerdem befinden sich hier feine Pinsel, Schwämme, Pigmente, Ausdrucke von Designs versehen mit präzisen Kennzeichnungen, sowie einer eigens entworfenen „Schablone“ für ein Stück, an dem Schulz gerade arbeitet. Es handelt sich hierbei um die Onion Shaped Vase designt von Trude Petri in 1935, die eine elegante Art Déco Aura ausstrahlt. Die Schablone besteht aus dünen Streifen Reispapier, die die Höhenabstände zwischen den horizontalen Linien des organischen Musters abstecken, das sich um die Kurven der Vase windet. Diese selbstgemachte Hilfestellung ist eine Ausnahme – generell verlässt sich die Künstlerin beim Bemalen der Vase auf ihre sichere, geschulte und souveräne Handführung, ihr Muskelgedächtnis sowie den dankbaren Prozess der Glasierung, der ein Wegwischen mit Spiritus ermöglicht, bevor die Keramik schließlich gebrannt wird. Doch Schulz macht von dieser Option der Ausbesserung kaum Gebrauch, ist sie doch bereits 35 Jahren bei der KPM.

Wir nehmen uns beim Gespräch mit der Künstlerin einen kurzen Augenblick Zeit, um die vielen Informationen über die Temperaturen im Brennofen, die Maltechniken mit Negativraum und die Beschaffenheit der Glasur zu verdauen. Ich blicke zu Schulz, die umgeben von künstlerischem Chaos und allerlei Keramik steht. Hinter ihr ein hohes Regal, überladen mit KPM Designs, die wohl ihre Lieblingsstücke zu sein scheinen. Aber nein, diese habe sie längst mit nach Hause genommen, scherzt sie leise. Dann wird sie wieder ernst und erzählt, wie sehr sie die Unterschiede der blauen Farbpigmente begeistern würden und wie verschiedene Temperatureinstellungen die Klarheit der Konturen von Farbflächen beim Brennen beeinflussen können. Bei der Arbeit an der Pamono x KPM Archiv Collection gefiel ihr besonders die Herausforderung, die Leuchtkraft der Pigmente der Originaldesigns nachzuahmen, die bleihaltig waren und daher heute nicht mehr zugelassen sind.

Schulz ist ausgebildete Malerin mit einer großen Leidenschaft für das Fach. Sie wurde 1983 im Rahmen einer offenen Ausschreibung für das KPM Atelier aus 400 Bewerber*innen mit acht weiteren ausgesucht und das, obwohl sie ihr malerisches Können nie dreidimensional angewendet hatte. Das Einzige, was sie bei der Umstellung von zweidimensional zu dreidimensional neu lernen musste, erklärt sie uns, war die Positionierung der Objekte, um diese bemalen zu können. Ihre Banknachbarin und ebenfalls Künstlerin verweist auf eine mit Schaum beschichtete Vorrichtung aus Metall, die sich neben ihrem Schreibtisch befindet. Mit Hilfe dieser Halterung können die zerbrechlichen runden und manchmal ungewöhnlich geformten Keramiken leichter von Hand bemalt werden.

Jede*r der grob 35 angestellten Maler*innen der KPM ist auf einen Bereich spezialisiert wie etwa Florales, Landschaften, Figuren oder, in den Worten von Schulz, „Dekor“. Dies mag sehr weit gefasst erscheinen und das ist es auch, aber im Grunde sind damit Oberflächendesigns gemeint, die keine Wirklichkeit abbilden. Wir sind in Pamonos aktuellem und absolutem Lieblingsbereich angekommen: Die Abteilung für abstrakte Grafiken.

Interessanterweise zählen diese Designs nicht unbedingt zu den begehrtesten des breiten Kundenstamms der KPM. Der Katalog, den wir uns ansehen, ist für den russischen und den asiatischen Markt bestimmt und mit chinesischen, koreanischen, japanischen und russischen Untertiteln versehen. Hier ist vor allem die typisch üppige Rokoko-Ästhetik abgebildet, die mit vielen Vergoldungen einhergeht und bei oben genanntem Klientel sehr beliebt ist. Zu den klassischen Sammlungen der KPM zählen Designs aus dem späten Jugendstil, Stücke aus dem Lieblingsservice Friedrichs des Großen sowie die königliche Sammlung von 1767. Solche Stücke werden auch heute noch gerne vom Bürgermeister Berlins und anderen Berliner Diplomat*innen als Geschenke an gastierende Würdenträger*innen überreicht.

Die Pamono x KPM Archiv Collection Foto © Ramtin Zanjani für Pamono
Soll nicht heißen, dass die Königliche Manufaktur an der Vergangenheit festhält. Eine Reihe schlichter Designs mit reduzierter Ornamentik, als auch die neueste Kollektion aus der KPM+ Serie, zeugt von dem zeitgenössischen Ansatz der Porzellanmanufaktur. Hieraus gehen verschiedene Kollaborationen mit hochrangigen Künstler*innen hervor, die in Berlin arbeiten. Die jüngste solcher Zusammenarbeiten stellt Mark Brauns durch den Weltraum inspirierte Planetarium Kollektion dar.

Es ist ziemlich ungewöhnlich eine Porzellanmanufaktur inmitten einer Großstadt anzutreffen. Die KPM befindet sich westlich der Grünfläche des Tiergartens, im lebhaften Bezirk Charlottenburg. Die Ur-Berlinerin Schulz kann sich keinen anderen Hauptsitz für die Manufaktur vorstellen. Dieser fügt sich harmonisch in seine Umgebung ein und sitzt hier schon seit seiner Gründung. Somit sind Berlin und die KPM für immer miteinander verbunden. Und obwohl sich die Einrichtung nun in Privatbesitz befindet, bleiben Name und Wahrzeichen erhalten. Der preußische König Friedrich II taufte die Manufaktur 1736 Königliche Porzellan-Manufaktur Berlin. Als Emblem und geschütztes Markenzeichen der KPM dient ein fürstliches königsblaues Zepter.

Als ein viel jüngeres Berliner Designunternehmen, freut sich Pamono über die Gelegenheit, sich in die Geschichte dieser symbolträchtigen Manufaktur einzubringen.

Es war uns eine besondere Ehre und große Freude, einige der herausragenden Talente hinter der Pamono x KPM Archiv Collection kennenlernen zu dürfen.

  • Übersetzung von

    • Jessica Hodgkiss

      Jessica Hodgkiss

      Jessica ist Cheesecake-Enthusiastin, Kunstliebhaberin und man findet sie häufig auf Flohmärkten. Außerdem liebt sie es, Zeit in Berlins wunderschönen Parks und den Seen in der Umgebung zu verbringen. Die in München geborene Übersetzerin studiert zur Zeit Kunstmanagement im Master.

  • Text von

    • Emma Lucek

      Emma Lucek

      Die England geborene Emma hat polnische Wurzeln und lebt momentan in Berlin. Mit ihren Erfahrungen im Bereich Forschung und Design findet sie nicht nur tolle neue Händler*innen für Pamono, sondern schreibt seit kurzem auch kritische Texte über Kunst, Architektur, Kulturgeschichte und natürlich Design.

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