Inspiriert von kubanischer Musik, stellen uns zwei zielstrebige Jungdesigner Vibra vor


Made in Havana

Von Anna Carnick

Während die Differenzen zwischen Kuba und den Vereinigten Staaten von Amerika sich weiterhin verringern und die Medien immer mehr über die kleine, kulturell reiche Inselnation berichten, sind wir - neben neben vielen anderen Dingen - besonders an der Designszene in Kuba interessiert. Kürzlich haben wir uns also auf den Weg gemacht, um uns ein Bild davon machen zu können.

Unsere Chefredakteurin Anna Carnick hat mehrere Designer in Havanna besucht, und kehrte mit interessanten Mitbringseln wieder: einem Gefühl des vorsichtigen Optimismus, gemischt mit zunehmender Sorge über die Zukunftsaussichten; hartnäckigem Einfallsreichtum angesichts der sich ständig wechselnden Widerstände und einer scheinbar unermüdlichen Arbeitsmoral. Als erstes stellen wir unsere zwei kubanischen Lieblings-Designer vor: Die Nachwuchstalente Raiko Valladares und José Antonio Villa Sené luden uns zu sich nach Hause sowie auch in ihr Studio ein.

Valladares und Villa Sené leben und arbeiten in einem einfachen, zweistöckigen Stuckhaus, umgeben von Topfpflanzen in Miramar, einer von Havannas Wohngegenden. Die beiden Mittzwanziger begannen ihre Zusammenarbeit, während sie an dem Havana Instituto Superior de Diseño (ISDI) studierten. Ihr erstes gemeinsames Projekt war eine Kollektion an Stühlen mit dem Namen Vibra (dt.: Vibration). Inspiriert von kubanischer Musik, erinnern die drei Modelle Emptiness, Duet und Box an Streichinstrumente. Valladares erklärt: „Vibra ist eine visuelle Übersetzung von Klang in dreidimensionale Formen.”

Die Designer stellen jeden Stuhl her, indem sie eine elastische PVC-Schnur per Hand um gebogene Metallrahmen weben, die sie aus recyceltem Stahl verschweißen. Vor dem Hintergrund einer Nation, in der es schwer - wenn nicht nahezu unmöglich - ist, an verschiedene Materialien zu gelangen, ist diese Art PVC-Schnur leicht zu finden, da sie hauptsächlich als Wäscheleine genutzt wird (laut Valladares und Villa Sené ist sie nur in drei Farben anzutreffen: rot, grün und blau). Zusätzlich ist sie auch recht gemütlich, stabil und flexibel, was den Designern erlaubt Stücke in frischen, neuen Formen zu kreieren, und genau das tun sie auch. „Wir wollten ein neues Design in Kuba herstellen, das von Kubanern geschätzt wird.” Obwohl sie derzeit nur wenige Stühle produziert haben, haben die beiden aufgrund der positiven Resonanz, lokale Künstler mit der Weberei neuer Schnüre für neue Stücke beauftragt.
 

Valladares and Villa, photographed in front of their Havana home studio. Valladares und Villa in Havana Foto © Anna Carnick
Ihre Werke werden von Freund und Fotograf Carlos Otero Blanco abgelichtet. Beachtenswert ist hierbei, dass die beiden Vibra in verlassenen Straßenbahnhaltestellen oder auf Havannas Iron Bridge ablichten lassen. Die erste Kollektion soll den „Kontrast zwischen dem Verfallenen und dem Neuen zeigen“, die zweite Kollektion (die mitten im aufkommenden Verkehr fotografiert wurde) soll „die Aussage vermitteln, dass wir trotz Hindernissen arbeiten und neue Dinge schaffen.“

Auf die Frage nach größeren Zielen, antwortet das Duo, dass sie darauf hoffen, das ihre Werke zeitgenössisches kubanisches Design genauso beeinflussen können, wie sie von lokaler Kultur, Materialien und Handkunstwerk inspiriert werden. Gerade da es oft an Materialien fehlt und man „oft viele Opfer bringen muss“, um seine Träume zu verwirklichen - in diesem Fall mussten die Designer ihr Erspartes aufbrauchen, um Vibra umsetzen zu können. Sie sagen, sobald man ein Projekt beendet hat, „würdigt man es mehr. In Kuba haben die Endprodukte einen ganz speziellen Beigeschmack.“  

  • Text von

    • Anna Carnick

      Anna Carnick

      Als ehemalige Redakteurin bei Assouline, der Aperture Foundation, Graphis und Clear feiert Anna die großen Künstler. Ihre Artikel erschienen in mehreren angesehenen Kunst- und Kulturpublikationen und sie hat mehr als 20 Bücher herausgegeben. Sie ist die Autorin von Design Voices und Nendo: 10/10 und hat eine Leidenschaft für ein gutes Picknick.
  • Übersetzung von

    • Beata Konnak

      Beata Konnak

      Als gebürtige Polin lässt Beata nichts auf ihre Pierogi kommen. Ihre Kreativität lebt sie gerne in der Küche aus, wo sie zu Deutschrap den Kochlöffel schwingt. Als Sommerkind lässt sie keine Chance aus ein paar Sonnenstrahlen abzubekommen, und ist dann meistens mit einem guten Buch in der Hand unterwegs. Die Wochenenden verbringt sie am liebsten mit Kurztrips durch Europa, wo sie immer auf der Suche nach dem schönsten Sonnenuntergang ist.