Aldo Rossi

Italien

Der italienische Architekt und Theoretiker Aldo Rossi wurde als vehementer Gegner des Neo-Rationalismus international bekannt. Durch seinen postmodernen Ansatz warb er für eine Umkehr hin zu einer klassischeren Designästhetik, die sich durch nach vorne gerichtete Ausdrucksformen auszeichnet.

Rossi wurde 1931 in Mailand geboren. Zwischen 1949 und 1959 studierte er Architektur am Politechnikum di Milano unter dem Architekten Piero Portaluppi (1888 - 1967), der in seinen Arbeiten eine Brücke zwischen den Künsten und der modernistischen Bewegung schlug. Während seiner Studienzeit war die Architektur in Italien von dem Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg geprägt. Die Grundsätze des Modernismus entsprachen den notwendigen Bauarbeiten Italiens kaum, da modernistische Werke mit noch intakten Gebäuden nicht immer gut harmonierten. Die Grenzen der modernistischen Theorie begleiteten Rossi durch seine ganze Karriere hinweg.

Von 1955 bis 1964 wirkte Rossi am Architektenmagazin Casabella als Verfasser und Herausgeber mit. 1959 eröffnete er in Mailand seine eigene Architekturfirma. Ab 1960 arbeitete er als Professor an mehreren großen Universitäten, darunter auch seine Alma Mater, das Institut für Architektur in Venedig, und die Eidgenössische Technische Hochschule Zürich. Dabei konzentrierte er sich hauptsächlich auf Architekturtheorie. 1969 arbeitete Rossi mit seinem Casabella Kollegen und Freund Carlo Aymonino (1926 - 2010) am Entwurf des Mailänder Monte Amiata Häuserkomplexes, der in der internationalen Architektengemeinschaft für Staunen sorgte. Grund dafür war die Art und Weise der Verknüpfung von schmuckloser Ästhetik und historischer Motive. Das Projekt war von den Schriften Adolf Loos (1870 - 1993), den Gemälden Giorgio de Chiricos (1888 - 1978) und den pro-sozialistischen Utopien von Le Corbusiers Unité d’Habitation (1947 - 1952) inspiriert.

1966 veröffentlichte Rossi sein einflussreiches Werk „Die Architektur der Stadt.” Basierend auf seinen früheren Lesungen und Aufzeichnungen stellt das Buch ein Manifest gegen den Funktionalismus und den Modernismus dar. Rossi sah die Stadt als ein komplexes, menschengemachtes Objekt, das sich im Laufe der Zeit auf natürliche Art weiter entwickelt. Die Stadt solle nach Rossi aus historischer Perspektive betrachtet werden, weshalb er die Einbindung alter architektonischer Stile in die Moderne befürwortete. Es ist der Job des Architekten, so Rossi, in seinem Entwurf ein Zusammenspiel mit schon Existierendem anzustreben.

Ab den Siebziger Jahren verfestigten sich Rossis architektonische Ideen in der neo-rationalistischen Bewegung, die in Italien als „La Tendenza” bekannten wurde. Verfechter der La Tendenza waren italienische Architekten wie Giorgio Grassi, Massimo Scolari, Ezio Bonfanti, Carlo Aymonino, und andere. Die Bewegung strebte eine sozial und politisch motivierte Architektur an, die über reinen Nutzen hinaus auch Antworten auf andere Fragen hervorbringen sollte. Zu Rossis vielen La Tendenza-Projekten gehören der minimalistische und nüchterne Friedhof San Cataldo (1971 - 1984) in Modena, den er in Zusammenarbeit mit Gianni Braghieri entwarf; das schwebende Teatro del Mondo (1979) für die Venedig Biennale, eine Ode an das Venedig des achtzehnten Jahrhunderts; das Hotel il Palazzo (1987 - 1994) in Fukuoka, Japan und das Bonnefanten Museum (1995) in Maastricht. Neben seinen architektonischen Arbeiten hatte Rossi von großen Designmarken Entwurfsaufträge für zahlreiche Möbel  und Accessoires  erhalten, die oftmals auf seine Bauprojekte Bezug nahmen. Zu den Besonderheiten zählen der Conical Kettle (1984) und der La Cupola Espresso Maker (1988) für Alessi sowie der Teatro Stuhl (1983) und der Milan Stuhl  für Molenti und das Parigi Sofa (1989) für Unifor.

Rossi erhielt im Laufe seiner Karriere viele Preise. 1990 war er der erste Italiener, der den Pritzker Preis für Architektur gewann. Er verstarb im Jahr 1997. Er zählt heute immer noch zu einer der führenden postmodernen Architekten, dessen originelle Ästhetik weiterhin eine große Inspiration bleibt.